Eindeutig frühreif

 

Schon mit sieben Jahren entdeckte Guy Graessel die Faszination des Kochens. Er stammt aus Hagenau im Elsass, jener pittoresken Kleinstadt an der Moder, die Kaiser Barbarossa einst zu einem seiner Stützpunkte ausbauen ließ. Ob man schon damals in dieser mit Feinschmeckertempeln gesegneten Gegend so fürstlich speisen konnte wie heutzutage à la table de Guy Graessel, ist nicht hinreichend überliefert. Der machte sich als 14-Jähriger zur Ausbildung und Meisterprüfung auf ins benachbarte Merkwiller. Nach anschließenden sieben Jahren im Schwarzwald, im Sternerestaurant „Adler“ in Gutach, eröffnete er 1986 sein erstes eigenes Restaurant, die „Rose“ in Neibsheim bei Bretten. Akkompagniert seither von seiner Frau Birgit. Von 1997 bis 2008 versorgten sie als Inhaber des Restaurants „Guy Graessel“ in Bretten-Diedelsheim die Leckermäulchen von nah und fern. 2008 wechselte er als Küchenchef ins Restaurant Krone im gleichnamigen Hotel am Marktplatz in Bretten.

 

Der Zauber des (Neu)Anfangs

 

Mitte 2018 widmet sich Guy in der Brettener Fußgängerzone einem neuen Projekt am Hundlesbrunnen. Oder sagen wir besser, zweien: seinem neuen Restaurant „Maxime“ und einem Café samt Pâtisserie. Die heißt: „Hesselbacher“. Das kommt nicht von ungefähr, denn sie befindet sich dort, wo bis 2015 die gleichnamige Konditorenlegende seit 1829 Süßwerk vom Feinsten kredenzte, in der Melanchthonstraße 35. 1891 wurde das Gebäude, welches einstmals das „Gasthaus zur blauen Traube“ beherbergte, abgerissen und an dieser Stelle das heutige Hesselbacher gebaut. Im 19. Jahrhundert avancierte der Familienbetrieb zur noblen Adresse. Seine legendären Lebkuchen waren weltweit in aller Munde. Wenn das keine Herausforderung ist! Guy Graessel wollte es einmal mehr wissen – und widmete sich fortan noch intensiver als bei seinen ohnehin leckeren Desserts dem Süßwerk. „Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.“ Seither bereichern Feingebäck, saisonale Kuchen und Torten sowie anlassbezogene, individuelle Pâtisserie-Produkte aller Art, selbstverständlich auch für den Außer-Haus-Verkauf, das Sortiment.

 

Unprätentiös Guy –

 

so ist die Küche von Guy Graessel trefflich bezeichnet: gesund und frisch (naturellement!), einfach raffiniert, naheliegend und nicht abgehoben. Leckere regionale Spezialitäten (bien sûr, un peu français) mit Niveau. Guy pflegt die klassische Küche mit großer Leidenschaft. Alles Extreme und Molekulare ist sein Thema nicht. Trendküche? Mais non! Gourmet? „Das war früher ein Begriff für gepflegtes, mit Freude gekochtes und auf den Tisch gebrachtes Essen, ein Genuss auf allen Ebenen. Heute wird es oft mit Dekadenz verbunden – vom Produkt bis zu den Zubereitern. Als Gourmet genieße ich nicht nur den Trüffel, sondern auch das Schwein, das ihn gefunden hat …“

 

„Etwas geben“: Gastgeber

 

Gastronomisch sehr gut. Punkt. So kennen Genießer die kulinarischen Freuden und Genüsse, die Guy Graessel auf die Teller zaubert. „Es reizt mich schon, auch Ausflüge in die Küchen unterschiedlichster Länder zu machen. Das Wesentliche aber ist etwas anderes: Am Morgen gehe ich in den Garten zu meinen Hühnern, sammle legefrische Eier und freue mich auf die dottergelben Spätzle, die ich meinen Gästen servieren kann. Es ist das Wichtigste, neben aller Raffinesse, den Sinn für das Einfache und Natürliche nicht zu verlieren, für das Naheliegende.“ Naheliegend ist auch der eigene üppige Kräutergarten, dessen Gewächse Guys Küche eine besondere Note verleihen. „Wir wollen unseren Gästen etwas geben, etwas Besonderes.“ Dazu trägt ein erlesener Weinkeller bei, der freilich auch eine Vielzahl regionaler Tropfen bereithält.